Schmäh als ästhetische Strategie der Wiener Avantgarden

Cover_Suchy_Schmaeh.inddIrene Suchy (Hg.)
Schmäh als ästhetische Strategie der Wiener Avantgarden
Mit Beiträgen von Rudolf Kohoutek, Harald Krejci, Helmut Neundlinger und Irene Suchy
Vorwort: Hubert Christian Ehalt
ISBN: 978–3-99028–498-8
18 €


Verlag Bibliothek der Provinz, Großwolfgers 29, 3970 Weitra

In diesem Buch werden Humor, Komik und Witz als spezifische ästhetische Strategie der Wiener Avantgarden untersucht. In einem Beobachtungszeitraum von den 50er Jahren bis zu den 70er Jahren bieten wir Auslotungen der Kunst, die in Wien geschah. Markante zeitliche Eckpunkte sind das erste literarische Cabaret der Wiener Gruppe, aufgeführt in den Jahren 1957 und 1958, Friedensreich Hundertwassers Verschimmelungsmanifest, vorgetragen im Juli 1958, die Aktion Kunst und Revolution 1968 sowie das Ende des MOB/art & tone/ART Ensembles 1977 und die Erstausstrahlung der TV-Oper Staatsoperette von Zykan und Novotny.
Noch sind Schmäh und künstlerische Avantgarde kaum in ein wissenschaftliches Untersuchungsverhältnis gestellt worden. Schmäh ist zugleich Fremd- wie Selbstbeschreibung. Schmäh braucht Aufführung, wie „Schmäh machen“ im Wienerischen „sich aufführen“ bedeute. Die Wahl des Begriffs Schmäh im Titel verweist auf das Wienerische als regional wie künstlerisch formenden Parameter im Begriffsfeld Humor.

Helmut Neundlinger beschreibt „Schmäh, Witz, Humor und tiefere Bedeutung“ in der Dichtung Ernst Jandls und Gerhard Rühms. Er führt in seinem Untertitel „die Komik der experimentelle Dichtung“ in die Diskussion, analysiert die Poesie Jandls und Rühms in textlicher und performativer Ebene und lotet den „Schmäh“ in Bezug auf Verdrängung und Festschreibung, auf Befreiung und Veränderung aus.

Irene Suchy erschließt das Thema von einem zentralen Werk aus, der Polemischen Arie Otto M. Zykans, erfasst es in seiner spezifischen Entstehungsgeschichte der Performer-Komponisten-Gruppe um Zykan, Schwertsik und Gruber und verfolgt die ästhetischen Strategien der Protagonisten. Der Titel “Vom Abdanken der Zwölfton-Vorherrschaft.Komponieren im post-faschistischen-Wien als Schnittstelle zwischen Performance, Dadaismus und historischer Reflexion.“entbehrt des Humors, bringt jedoch wesentliche Parameter des Themas in den Diskurs: das Ende einer Methode des Komponierens, der Bezug auf Komponieren im post-faschistischen Wien sowie der Bezug zu Performance und Dadaismus.

Harald Krejci geht vom Gelächter wie der Verstörung künstlerischer Ereignisse des Wiener Aktionismus aus, verfolgt aber schon die Fährte des Humors in der Bildenden Kunst der 1950er Jahren. In der künstlerischen Arbeit Hundertwassers, Stenverts und Franz Wests erschließt er Humor und Wiener Schmäh als Strategie der Wahrnehmung, als Motor, Werkzeug und Haltung.

Rudolf Kohoutek rekonstruiert den Humor in der Architektur-Avantgarde. Weniger offensichtlich und doch Bild-reich dokumentiert, stellt sich der Wiener Schmäh als Operator heraus, der über zeitgleiche internationale Manifeste hinausführt und die Verbindungen zwischen den Sparten der Avantgarde aufzeigt.

Mit dem Parameter des Humors in seinen so gar nicht wertfreien Bedeutungen gelingt es, ein Werkzeug aufzuspüren, das sowohl der kompositorischen Arbeit wie der künstlerischen Aussage tiefgreifende Bedeutung gibt. Über den gewählten Zugang ist es möglich, die Komplexität, Intellektualität und den gesellschaftspolitischen Anspruch einer künstlerischen Avantgarde in Wien zu erkennen.

Mehr zu dem der Publikation zu Grunde liegenden Symposium

Der Band wurde am 22. August 2015 beim Poetenfest
auf Schloss Raabs, Oberndorf 1, 3890 Raabs an der Thaya präsentiert.

Eine weitere Präsentation mit Podiumsdiskussion, Avantgardekurzfilmen und musikalischen Interventionen fand am 8. Oktober 2015 im 21er-Haus statt. Mehr dazu unter Gesprächsreihe

Die Publikation wurde von der Kulturabteilung der Stadt Wien und die Präsentation vom Bundeskanzleramt Österreich gefördert.

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