Am 13. April führte zunächst Kuratorin Susanne Neuburger eine Gruppe des ViennAvant-Netzwerks durch die Ausstellung Kunst ins Leben! Der Sammler Wolfgang Hahn und die 60er Jahre , die die Sammlung in ihren Hauptwerken zeigt.
Susanne Neuburger schilderte eingehend die Entwicklung der Avantgardebewegung der 1960er-Jahre im Rheinland, die die Grenzen der Kunstdisziplinen durchbrach und sich vom Althergebrachten distanzierte: Aus Nouveau Réalisme, Fluxus und der neuen Musik war eine international vernetzte Generation von Künstler_innen zusammengekommen. Einer ihrer ersten Sammler war Wolfgang Hahn, der Chefrestaurator des Wallraf-Richartz-Museum in Köln. 1978 kam die Sammlung Hahn mit rund 400 Werken nach Wien, wo sie heute eine der Kernsammlungen des mumok bildet. Das Schlagwort „Kunst ins Leben“ wurde in den 60er-Jahren wörtlich genommen, um sich von einer überholten Malereitradition zu distanzieren. Alltagsgegenstände, Texte und Partituren traten an die Stelle von klassischer Malerei und Skulptur. Alle Werke der Ausstellung, beginnend mit Tür von Joseph Beuys bis zu Wolf Vostells Aktionsobjekten waren diesem erweiterten Kunstbegriff zu verdanken. Happenings, Aktionen und Aufführungen neuer Musik waren mit Werken von Allan Kaprow, Nam June Paik oder John Cage vertreten. Prominente Werke der Pop Art von George Segal, Claes Oldenburg oder Tom Wesselman ebenso wie Materialbildern aus dem Nouveau Réalisme, der mit Daniel Spoerri, Jean Tinguely oder Niki de Saint Phalle einen Schwerpunkt der Sammlung Hahn bildet. Hahns Abendmahl, das Spoerri 1964 im Hause Hahn veranstaltete, ist deren legendäres Hauptwerk.
Anschließend machte uns Manuela Ammer in der von ihr kuratierten Schau Bruno Gironcoli. In der Arbeit schüchtern bleiben. mit dem Werk dieses eigenwilligen Künstlers vertraut.
Einem breiteren Publikum ist Gironcoli durch seine späten Großplastiken bekannt, in denen archetypische Figuren und Triviales zu futuristisch anmutenden Konglomeraten verschmelzen. Weniger bekannt ist, dass Gironcolis bildhauerische Praxis von einer kontinuierlichen grafischen Produktion begleitet war. Diese groß angelegte Retrospektive im mumok stellte erstmals den Maler und Zeichner Gironcoli in den Mittelpunkt. Seine Arbeiten auf Papier traten in Dialog mit herausragenden Beispielen seiner Drahtplastiken, Polyesterobjekte, Installationen und Monumentalskulpturen und erschlossen so neue Perspektiven auch auf das bildhauerische Werk. Von Beginn an waren Gironcolis Arbeiten auf Papier mehr als bloße Entwürfe für die Bildhauerei. Auf Papier trieb der österreichische Künstler seine Ideen vielmehr in Dimensionen, die über die Arbeit am konkreten Material weit hinausgehen. Auf Papier animierte er sein eigenes bildhauerisches Werk: Physikalischer Gesetze enthoben gingen schablonenhafte Figuren, Tiere, Symbole und Apparaturen hypothetische Verbindungen ein und fügten sich zu fantastisch-surrealen Szenen.
Freitag, den 18. Mai 2018 führte der Chefkurator des Belvedere Harald Krejci eine Gruppe von ViennAvant durch die von ihm kuratierte Ausstellung GÜNTER BRUS. UNRUHE NACH DEM STURM mit dem neuen Schwerpunkt Dominik Steiger / Günter Brus.
So wie in den Gemeinschaftsarbeiten von Günter Brus und Arnulf Rainer, die zuvor in dieser großen Günter Brus-Retrospektive zu sehen waren, entstanden auch in der bildnerisch-literarischen Zusammenarbeit von Brus und Dominik Steiger Zyklen im Reagieren auf die Vorgabe des jeweils anderen. Mitte der 1970er-Jahre ließen sich die beiden Künstler immer mittwochs ein Blatt zur gegenseitigen Bearbeitung zukommen. So entsteht der Zyklus Jeden jeden Mittwoch. Ein Zwoman (1974), der 1977 zusammengefasst in einem Text- Bild-Band erschien. Auf jeder Seite sind zwei aufgeschlagene Buchseiten zu finden, die jeweils zur Hälfte von einem der beiden Künstler mit Texten oder Zeichnungen versehen worden sind.
Der Literat und Künstler Dominik Steiger (1940 – 2014) aus dem Umfeld der Wiener Gruppe und des Wiener Aktionismus gilt als bedeutender Grenzgänger zwischen den künstlerischen Genres und als wichtiger Vertreter der österreichischen Avantgarden seit den 1950er Jahren. Mit Künstlerkollegen wie Christian Ludwig Attersee, Hermann Nitsch, Dieter Roth, Arnulf Rainer oder Günter Brus entwickelte er in den 1970er- und 1980er-Jahren zahlreiche Gemeinschaftsarbeiten.
Fotocredit der beiden Bilder:
Kollaboration von Günter Brus und Dominik Steiger, Jeden jeden Mittwoch. Ein Zwoman, 1974 © BRUSEUM / Neue Galerie Graz am Universalmuseum Joanneum